LEISTNER ANWALTSKANZLEI

Deutschsprachiger Anwalt in Pretoria, Südafrika


Der Rechtsberuf in Südafrika und Deutschland unter besonderer Betrachtung der Reform im südafrikanischen Anwaltsrecht

 

In Südafrika ist hinsichtlich des Rechtsberufs zu differenzieren. Es gibt “Attorneys” und “Advocates”.

Attorneys beschäftigen sich häufig mit den außergerichtlichen rechtlichen Belangen eines Mandanten. Sie können einen Mandanten aber auch vor dem Magistrate’s Court (dem Amtsgericht) vertreten, unter bestimmten Umständen auch vor dem High Court (dem Landgericht). Dies geht aus dem Right of Appearance in Courts Act 62 of 1995, 3 hervor (dort wird das High Court noch als Supreme Court bezeichnet). Ein Attorney, der vor das High Court ziehen möchte, muss einen Antrag auf seine Zulassung stellen. Hieran erden folgende Voraussetzungen geknüpft: Zunächst ist ein entsprechender Abschluss und eine Tätigkeit als Attorney für mindestens drei Jahre nachzuweisen. Darüber hinaus darf in dieser Zeit keine Suspendierung des Attorneys erfolgt sein.

Attorneys übernehmen die Aufgabe eines allgemeinen Praktikers, so sind sie die erste Anlaufstelle für juristische Probleme eines Mandanten. Daher bieten sie oft ein breites Spektrum von Rechtsgebieten und rechtliche Dienstleistungen an.

Ein Advocate vertritt Mandanten vor Gericht. Dabei treten sie nicht in direkten Kontakt zum Mandanten. Der Kontakt erfolgt vielmehr über einen Attorney, d.h. ein Attorney vermittelt einen Mandanten zu einem Advocate. Im Gegensatz zu einem Attorney ist ein Advocate befugt, einen Mandanten vor allen Gerichten Südafrikas zu vertreten. Darüber hinaus arbeiten Advocates alleine, es ist ihnen nicht gestattet, Partnerschaften mit anderen Advocates einzugehen. Dadurch wird die Unabhängigkeit der Advocates gesichert, damit keine Interessenkonflikte entstehen. Ein Advocate ist oftmals ein spezialisierter Praktiker und bietet dementsprechend ein weniger weites Feld an Rechtsgebieten an.

Es ist nicht möglich, gleichzeitig Attorney und Advocate zu sein.

Das südafrikanische Recht hat in Bezug zur Ausgestaltung des Anwaltsberufs eine Reform erfahren. Diese Reform ist in dem Legal Practice Act No. 28 of 2014 geregelt, seit dem 01.11.2018 in Kraft und soll im Folgenden näher betrachtet werden.

Advocates und Attorneys schließen sich jeweils in (heute freiwilligen) Vereinigungen zusammen. Diese hatten ursprünglich die Funktion, den jeweiligen Anwaltsberuf in Südafrika zu regeln. Zum Beispiel konnten sie Vorschriften über die Zulassung eines Advocates oder Attorneys erlassen. Seit dem Legal Practice Act No. 28 of 2014 ist diese Aufgabe an den sogenannten Legal Practice Council übertragen. Dieser besteht aus verschiedenen Rechtspraktikern und  - gelehrten und hat wiederum verschiedene Unterräte, die Provincial Councils.

Ziel des Legal Practice Acts ist es, juristische Dienstleistungen der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Die Dienstleistungen eines Juristen in Anspruch zu nehmen ist für die meisten Südafrikaner nämlich nicht die Realität, wie es im Act heißt. Das soll z.B. dadurch erreicht werden, dass gemeinnützige Organisationen, die armen Bevölkerungsschichten Zugang zu juristischen Dienstleistungen verschaffen, finanziell unterstützt werden. Auch darüber hinausgehend beinhaltet das Gesetz brauchbare Ansätze zur Erreichung seines Ziels. In der Praxis hat sich das Konzept zwar als Hilfe, jedoch nicht als non-plus-ultra-Lösung erwiesen. Das liegt u.A. daran, dass die zuvor unabhängigen Attorneys und Advocates nun einem staatlich kontrollierbaren Aufsichtsorgan unterstellt sind.

Das Problem liegt insbesondere darin, dass das Gesetz dem Justizminister weitgehende Befugnisse über den Legal Practice Council gibt. So gibt der Justizminister das Verfahren vor, nach welchem die Mitglieder des Councils gewählt werden. Das Gesetz sieht auch die Möglichkeit der Auflösung des Councils vor, soweit der Minister das Vertrauen in den Council verliert. Hieran werden aber verschiedene Voraussetzungen geknüpft und es müssen verschiedene Verfahrensschritte durchlaufen werden. Im Ergebnis kann dies dem Justizminister in seiner Funktion als Exekutivorgan einen großen Spielraum über den Legal Practice Council als Judikativorgan verschaffen.

Die Unterteilung in Advocate und Attorney ist dem deutschen Recht fremd. Beide Tätigkeiten werden in einer Person, dem Rechtsanwalt, zusammengefasst. Dabei ist der Rechtsanwalt ein unabhängiges Organ der Rechtspflege und übt einen freien Beruf aus, §§ 1, 2 BRAO.

Die juristische Berufsausbildung ist in Deutschland eine Generalausbildung, sodass ein Rechtsanwalt nach beiden bestandenen juristischen Staatsprüfungen befähigt ist, Mandaten auf allen Rechtsgebieten zu betreuen. Allerdings ist es üblich, dass Rechtsanwälte eine Zusatzausbildung zum Fachanwalt absolvieren und in ihrer beruflichen Praxis im Rahmen dieser spezialisierten Rechtsgebiete arbeiten. Dies gewährleistet die Qualität ihrer Beratung.

Ein Rechtsanwalt, der Mitglied seiner Rechtsanwaltskammer ist, ist vor jedem Gericht und in jeder Instanz vertretungsbefugt. Lediglich für den Bundesgerichtshof gilt weiterhin die Ausnahme, dass nur ausgewählte Anwälte zugelassen sind.

Für Verwaltungs- und Amtsgerichte besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang, für alle anderen Gerichte schon.


                                                                                                                                                                                                         von Berfin Öztürk



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